Seiteninhalt

Im Gedenken vereint - Stolpersteine für Familie Wagner

Drei Gedenksteine am ehemaligen Werthenbacher Backhaus erinnern seit dem 15. März an das Schicksal einer Zigeunerfamilie.

„Die Historie liest sich wie die Weihnachtsgeschichte“ leitete Bürgermeister Paul Wagener die andächtige Verlegung der Stolpersteine ein.

Jedes Jahr zogen Zigeuner durch Werthenbach. Sie übernachteten im kalten Spritzenhaus. Im Mai 1935 brachte einer von ihnen, August Wagner, seine junge Frau mit. Wagner, in Amsterdam geboren, war deutscher Staatsbürger, ebenso seine Frau Else Emilie geb. Kreuzer, geboren in Düsseldorf. Else war schwanger und so durften sie und ihr Mann im warmen Backhaus übernachten. Am 17. Mai 1935 wurde dort ihre Tochter Elisabeth geboren.

August Wagner meldet seine Tochter Elisabeth am selben Tag beim Standesbeamten in Irmgarteichen an, von Pfarrer Schimmelfeder wird sie am Tag darauf katholisch getauft. Im Taufregister ist der Beruf des Vaters eingetragen: „Vagabund.“ Und der Wohnort: „Überall und nirgends.“ Patin ist Maria Katharina Groos, Haushälterin im Jagdhaus. Nach ihr erhält Elisabeth ihren zweiten Vornamen, Katharina.

„Schicksal unbekannt“

August und Else Wagner müssen 1943 bereits mit den ersten Transporten nach Auschwitz-Birkenau verschleppt worden sein. Elisabeth scheint in Holland bei Verwandten oder Freunden untergekommen zu sein. Im Mai 1944 trifft auch sie in Auschwitz ein. Zur gleichen Zeit geht der Leidensweg für ihre Eltern weiter. Ihre Mutter soll durch Hunger, schwere Arbeit und Krankheit gestorben sein. Elisabeths Vater wird weiter verschleppt nach Flossenbürg. „Sein Todesdatum ist unbekannt.“ Leider waren die Daten zu den Eltern so widersprüchlich, dass die Entscheidung getroffen wurde, „Schicksal unbekannt“ auf die Stolpersteine zu gravieren.

Elisabeth gehört zu den letzten 3000 Gefangenen des KZ Auschwitz. Sie alle werden in der Nacht auf den 3. August 1944 vergast, ihre Leichen verbrannt, die Asche verstreut. Elisabeth Wagner wird nur 9 Jahre alt.

Gegen das Vergessen

Das Backhaus, in dem die Familie Zuflucht gefunden hat und Elisabeth zur Welt kam, steht heute nicht mehr. An seiner Stelle befindet sich eine Sitzgruppe mit Blick auf die Werthe sowie seit einiger Zeit ein Gedenkstein und nun auch die drei Stolpersteine gegen das Vergessen.

Ortsbürgermeister Rainer Berlet zitiert in seiner Rede aus dem Spruch des neuen Gedenksteines am Ehrenmal, wie wichtig es ist, den Frieden zu erhalten, die Freiheit zu schützen und die Würde des Menschen zu achten.

29.03.2023