Jüdische Festtage und Traditionen zum Abschluss einer einzigartigen Ausstellung
Am Sonntag, den 6. März endete mit einem besonderen Finale die Ausstellung "Zwischen Humor und Holocaust" zum Thema „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ im Heimatmuseum Netpherland.
Um 15.00 Uhr war Thorsten Schmermund, Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde Marburg, zu Gast, um den Besucherinnen und Besuchern die Hintergründe und Entstehungsgeschichte jüdischer Bräuche und Feiertage näher zu bringen. Das wissbegierige Publikum stellte viele Fragen zu den unterschiedlichen traditionellen Gegenständen, die Herr Schmermund mitgebracht hatte. Vor allem faszinierte die Anwesenden, wie vielseitig die Feiertage im Judentum sind und dass es innerhalb des Judentums verschiedene Glaubensrichtungen gibt.
Religion des Erinnerns
Die wichtigste Schrift der Juden ist die Tora mit den fünf Büchern Mose. Sie erzählt die Geschichte des Judentums und fordert ihre Leser immer wieder auf, sich zu erinnern.
Diese Aufforderung bestimmt fast das ganze jüdische Leben. Viele Rituale und Feste erinnern Juden aber nicht nur an ihre Geschichte, sondern lassen sie wichtige Ereignisse sogar hautnah nacherleben.
Das Feiertage-Glücksrad
Da sich der jüdische Kalender nach dem Mond richtet und nicht wie unser gregorianischer Kalender, der sich nach der Sonne richtet, ändert sich das Datum jedes Jahr.
Thorsten Schmermund brachte eine Art Glücksrat mit, dass er mit seinen Kindern gebastelt hat und auf dem die wichtigsten Feiertage festgehalten sind. Man kann es immer nach dem aktuellen Stand ausrichten und so die nächsten Festtage ablesen. Einige dieser traditionsreichen Feiertage und deren Rituale stellte er bei der Finissage im Heimatmuseum vor.
Private Einblicke in das Familienleben
Ihren wichtigsten Festtag, den Schabbat, feiern viele Juden wöchentlich. Er beginnt am Freitagabend und endet am Samstagabend. Der Samstag ist nach jüdischem Kalender der siebte Tag der Woche und ein heiliger Ruhetag. An ihm soll jedes Wesen – Mensch und Tier - nach einer anstrengenden Woche wieder zu sich finden.
Thorsten Schmermund erzählte ganz privat, wie er und seine Familie diesen Festtag begehen. Streng genommen dürfte am Schabbat auch kein Feuer gemacht werden, da das historisch auch Arbeit bedarf. Im Publikum kamen Fragen auf, wie es sich heutzutage mit modernen Lampen verhält. Daraufhin schmunzelte Thorsten Schmermund und entgegnete, dass das jede Familie unterschiedlich handhabt, die Frage nach der Lichterzeugung jedoch heiß diskutiert ist.
Ein besonderes Brot
Das Wallfahrtsfest Pessach dauert sieben Tage und erinnert an die Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei und an den Auszug aus Ägypten. Er wird auch Exodus genannt. Viele Juden essen an Pessach Mazzen. Mit diesem ungesäuerten Brot ernährten sich die Israeliten einst auf ihrer Flucht aus Ägypten in der Wüste. Auch die Gäste der Finissage konnten ein Stück Mazzen probieren.
Das Lichterfest Chanukka
Ein wichtiges Fest ist auch das Chanukka. Dieses Lichterfest erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem. Der Chanukka-Leuchter besitzt neun Arme. Jeden Tag wird eine Kerze mehr angezündet, bis am Ende acht Kerzen brennen. Die neunte Kerze wird zum Anzünden der anderen verwendet. Dabei wird der Segen gesprochen.
Erste eigene Ausstellung des Museumsteams
Anschließend bestand ein letztes Mal die Gelegenheit, die, durch Beteiligung von außen gewachsene Ausstellung, anzuschauen. Es war die erste große eigene Ausstellung, die das motivierte Museumsteam rund um Harald Gündisch, Lothar Schulte und Nicole Schmallenbach organisiert und durchgeführt haben.
Das Konzept der Begleitveranstaltungen in unterschiedlichster Form und der Beteiligung der verschiedenen Schulen und Besucher ist dabei voll aufgegangen. Neben den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern waren auch insgesamt fünf Schulklassen vor Ort – einige haben die Ausstellung mit kreativen Lapbooks bereichert und damit zum einen die Rückmeldung gegeben, dass sie sich auch im Nachgang noch sehr konstruktiv mit den Inhalten weiterhin beschäftigt haben und zum anderen gezeigt, wie unterschiedlich die Wahrnehmung der Inhalte und Ausstellungsstücke sein kann.
Gerade von den jüngeren Besuchern ist auch die neue Mediensäule, die von der Volksbank Südwestfalen mit einer Summe in Höhe von 2200 Euro gestiftet wurde häufig und gern genutzt worden.